Teil der Architektur des ILB-Gebäudes. Die Fassade besteht aus hellem Stein und hat viele bodentiefe Fenster. Abgebildet ist die Fassade aus der Froschperspektive in Richtung des blauen Himmels.© ILB (Leo Seidel)

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen in Deutschland

Nach der pandemiebedingten Stagnation im 4. Quartal 2021 expandierte das preis-, kalender- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) infolge der Erholung der privaten Konsumausgaben im 1. Quartal 2022 um 0,8 % gegenüber dem Vorquartal. Im 2. Quartal 2022 wuchs das BIP deutlich langsamer um 0,1 %, im 3. Quartal 2022 um 0,3 % – jeweils gegenüber dem Vorquartal. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine dämpfte den Aufschwung. Dies zeigt sich am BIP für das Schlussquartal 2022, welches um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal sank.

Zum verminderten Wachstum beigetragen hat auch der Außenhandel, da sich die Exporte deutlich schwächer entwickelten als die Importe. Während die Exporte durch Lieferengpässe beeinträchtigt waren, stiegen die Importe unter anderem aufgrund der Belebung des Tourismus.

Die sukzessive Verringerung russischer Gaslieferungen führte im Verlauf des Sommers 2022 zu einer weiteren Steigerung der Energiepreise, die wiederum die Produktionskosten der Unternehmen erhöhten und die Produktion in den energieintensiven Industriezweigen deutlich reduzierte. Darüber hinaus führte die zunehmende Überwälzung der hohen Energiepreise auf die Verbraucher zu Kaufkraftverlusten bei den privaten Haushalten. Die Verbraucherinflation betrug im Oktober 2022 erstmals seit den 50er-Jahren über 10 %.

Der Arbeitsmarkt in Deutschland zeigte sich trotz der konjunkturellen Eintrübung robust. Die Arbeitslosenquote reduzierte sich im Jahr 2022 auf 5,3 %. Der innerhalb der letzten Monate in zwei Stufen kräftig angehobene allgemeine gesetzliche Mindestlohn hatte kurzfristig wenig Einfluss auf Beschäftigung und Arbeitslosigkeit.

Angesichts steigender Inflationsraten haben die Zentralbanken im Jahr 2022 ihre Leitzinsen deutlich angehoben. Die Finanzierungsbedingungen haben sich dadurch weltweit eingetrübt. Dies führte zu höheren Kapitalkosten z. B. bei Investitionsentscheidungen der Unternehmen. Zudem stiegen die Refinanzierungskosten des Finanzsystems, und infolge von Insolvenzen kann es zu Kreditausfällen kommen. Finanzinstitute reduzieren als Reaktion darauf ihre Kreditvergabe.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Land Brandenburg

Die Aufhebung vieler Corona-Beschränkungen führte in fast allen Dienstleistungsbereichen zu einem Anstieg der Wirtschaftsleistung. Trotz des schwierigen Umfeldes, auch im Hinblick auf den Russland-Ukraine-Krieg, haben die Unternehmen in Brandenburg so viel investiert wie nie.

Die folgenden Angaben sind dem Konjunkturtelegramm des Landes Brandenburg entnommen.

Die Ergebnisse der Konjunkturumfragen der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Brandenburg zum Herbst 2022 spiegelten die herausfordernde wirtschaftliche Lage im Land wider. Die Energiekrise und die angespannte weltpolitische Lage hemmten die Entwicklung in allen Branchen. Das Geschäftsklima hatte sich im Vergleich zum Frühsommer 2022 weiter spürbar eingetrübt.

Die Betriebe des verarbeitenden Gewerbes meldeten für das Jahr 2022 eine deutliche Umsatzsteigerung um mehr als ein Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Auslandsumsätze legten in diesem Zeitraum sogar um rund 58 % zu. Ebenso konnte das Baugewerbe mit 4 % ein Umsatzplus verzeichnen. Allerdings sind die nominalen Umsatzzahlen aufgrund der Preissteigerungen wenig aussagekräftig. Auch die realen Umsätze sind in folgenden Bereichen gestiegen: Dienstleistungen um 4,3 % (für die ersten 10 Monate des Jahres 2022) und Gastgewerbe um 22,4 %. Gesunken sind jedoch die Einzelhandelsumsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,9 %.

Im Jahr 2022 nahmen die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen aus Brandenburg kräftig um 30,5 % zu. Dabei stiegen die Exporte in die EU-27-Länder um 34,2 %. Die Importe aus den EU-27-Ländern stiegen im gleichen Zeitraum um 15,4 %.

Der Arbeitsmarkt in Brandenburg zeigte sich relativ stabil. Im Jahresvergleich Dezember 2021 zu Dezember 2022 stieg die Arbeitslosenquote leicht um 0,3 Prozentpunkte auf 5,7 %.

Auch wenn die Anzahl der Anzeigen für Kurzarbeit gesunken ist, hat sich doch die Zahl der davon betroffenen Personen deutlich erhöht. Die Kurzarbeiterquote betrug 0,3 % und lag damit unter dem Bundesdurchschnitt. Erhöht hat sich die Anzahl von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Im Dezember 2022 erhöhte sich diese um 0,9 % im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Von Januar bis November 2022 wurden geringfügig weniger Gewerbeanmeldungen als im Vorjahreszeitraum registriert. Dagegen erhöhte sich die Zahl der Gewerbeabmeldung leicht um 3 %.

Tendenziell gab es 2022 mehr Insolvenzen. Im 3. Quartal 2022 wurden 15,5 % mehr Insolvenzverfahren gemeldet als im 3. Quartal 2021. Die voraussichtlichen Forderungen stiegen um mehr als 80 % von 39,1 Millionen Euro auf 71,2 Millionen Euro. Bei Vergleichen mit dem Jahr 2021 ist zu beachten, dass das Insolvenzgeschehen bis Ende April 2021 durch eine teilweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie geprägt war.

Prognose

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die deutsche Wirtschaft hat sich – wie schon in der Corona-Krise – als sehr anpassungs- und widerstandsfähig erwiesen. Deutschland ist auch dank der staatlichen Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen bislang gut durch die wirtschaftliche Krise infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine gekommen.

Die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in 2023 und den Folgejahren ist allerdings weiter von bedeutenden Unsicherheiten geprägt. Verbunden ist die Prognose mit hohen Abwärtsrisiken aufgrund der schwer abschätzbaren Energieversorgungslage im nächsten Winterhalbjahr 2023/2024.

Allerdings wurden die Konjunkturprognosen für 2023 zuletzt wieder deutlich nach oben korrigiert. Zwar ist zu Jahresbeginn noch von einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion auszugehen. Mit Auslaufen des Gaspreisschocks im Sommerhalbjahr dürfte jedoch eine konjunkturelle Erholung einsetzen. Einen Beitrag hierzu werden auch abnehmende Lieferengpässe leisten, die zu einem stärkeren Abbau von Aufträgen führen werden. Gleichwohl wird das Niveau der Energiepreise längerfristig hoch bleiben.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich spürbar aufgehellt. Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland ist seit Dezember 2022 von 88,6 auf 91,1 Punkte im Februar 2023 gestiegen. Die Unternehmen waren mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufriedener und auch die Erwartungen verbesserten sich.

Durch die hohen Energie- und anziehenden Erzeugerpreise ist auch die Inflation aktuell sehr hoch. Durch den nachlassenden Preisdruck bei den Energierohstoffen wird auch die Inflationsrate wieder sinken, wenn auch nicht auf das Niveau vor Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges. Der Preisanstieg an sich bleibt auch in den Folgejahren hoch – aufgrund des Drucks von den Lohnkosten, aber auch wegen Rückpralleffekten nach dem Auslaufen der Strom- und Gaspreisbremse.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll nach Schätzung des Sachverständigenrates in seinem Jahresgutachten 2022/2023 im Jahr 2023 um 0,2 % sinken. Die Bundesregierung selbst erwartet ein Wachstum von 0,2 %.

Weitere Wirtschaftsforschungsinstitute gehen von einer BIP-Wachstumsrate zwischen -0,8 % (iw Köln) und + 0,3 % (IfW Kiel) aus.

Die zuvor günstige Entwicklung des Arbeitsmarktes ist in den letzten Monaten einer Seitwärtsbewegung gewichen. Die im Vergleich zum Arbeitsangebot hohe Arbeitsnachfrage spricht dafür, dass der Arbeitsmarkt dem konjunkturellen Gegenwind in den kommenden Quartalen weitgehend trotzt. Mit der in der zweiten Jahreshälfte 2023 einsetzenden Konjunkturerholung werden auch die Beschäftigung und die geleistete Arbeitszeit wieder moderat zulegen.

Die fiskalpolitischen Rahmenbedingungen sind für die Jahre 2022 und 2023 expansiv ausgerichtet. Zwar dürften einerseits pandemiebedingte Ausgaben auslaufen, andererseits werden staatliche Ausgaben aufgrund der Entlastungspakete für Haushalte und Unternehmen ausgeweitet. Hinzu kommen Ausgaben für die Gaspreisbremse, das Sondervermögen für die Bundeswehr und den Klima- und Transformationsfonds.

Der Sachverständigenrat geht in seinem Jahresgutachten 2022/23 für das Jahr 2023 von einer Verbraucherpreisinflation von 7,4 % im Jahresdurchschnitt aus – nach 8,5 % im Jahr 2022. Angesichts gestiegener Inflationsraten haben die Zentralbanken vieler fortgeschrittener Volkswirtschaften sowie einige große Schwellenländer im Jahr 2022 ihre Leitzinsen deutlich angehoben und somit die Geldpolitik gestrafft, so auch die EZB.

Auch wenn sich die Ertragsmöglichkeiten von Finanzinstituten mit Blick auf die gestiegenen Zinsen perspektivisch verbessern dürften, stellt der schnelle und starke Zinsanstieg das Management vieler Institute vor große Herausforderungen.

Hohe Verluste durch nicht ausreichend abgesicherte Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch, in Verbindung mit spezifischen Regulierungsdefiziten, waren u. a. auch der Auslöser für einen massiven Vertrauensverlust in kleinere und mittlere amerikanische Institute.

Die in diesem Umfeld stark gestiegene Unsicherheit an den Kapitalmärkten führte final zu dem unter Führung der Schweizer Finanzmarktaufsicht verhandelten Notverkaufs der global systemrelevanten Schweizer Bank Credit Suisse an ihren Konkurrenten UBS.

Auch wenn durch die konzertierte Aktion weitere Ansteckungen im Finanzsystem und damit auch Auswirkungen auf die Realwirtschaft vorerst verhindert werden konnten, ist eine kritische Auseinandersetzung und Bewertung der Ereignisse durch alle Stakeholder zu erwarten.

In der Folge erscheint eine weitere Verschärfung der seit 2008 bereits stark erhöhten regulatorischen Anforderungen an Banken mit entsprechenden Folgen für Angebot und Kosten von Finanzierungen und somit die konjunkturelle Entwicklung als durchaus wahrscheinlich.

Ungeachtet dessen ist die deutsche Wirtschaft unverändert mit vielfältigen langfristigen strukturellen Veränderungen und Herausforderungen konfrontiert. Zu nennen sind hier neben dem demographischen Wandel vor allem die Transformation hin zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft. Insbesondere eine beschleunigte Digitalisierung bietet große Potenziale und Nachhaltigkeit muss in verschiedenen Dimensionen gesichert werden.

Für die Bundesregierung soll das Jahr 2023 ein Jahr des Aufbruchs in Richtung sozial-ökologischer Marktwirtschaft werden – in Richtung eines Wohlstandes, der ökologisch nachhaltig, gerechter verteilt und mit Blick auf die geopolitischen Herausforderungen resilienter ist.

Die Ergebnisse der Konjunkturumfragen der brandenburgischen IHKs zum Herbst 2022 spiegeln die herausfordernde wirtschaftliche Lage im Land Brandenburg wieder. Die Rohstoff- und Energiekrise, Lieferkettenprobleme und die angespannte weltpolitische Lage hemmen die Entwicklung in allen Branchen. Daneben beeinträchtigen Lieferengpässe, Personalmangel und steigende Zinsen die Geschäftstätigkeit der Unternehmen.

Zum Jahresbeginn 2023 befindet sich die Wirtschaft in der Hauptstadtregion in einer Phase der Stabilisierung, Die krisenhafte Entwicklung hat sich etwas entspannt. Die brandenburgischen Unternehmen schätzen ihre aktuelle Geschäftslage besser ein als noch im Herbst 2022.